Heiner Pier ist tot

Ich habe heute morgen die Zeitung gelesen und dabei sah ich zwei Todesanzeigen. Heiner Pier, lange Jahre Eigentümer und später Geschäftsführer der Programmkinos in Münster, ist tot.

Unvergessen ist mir, der ich in den 70er Jahren das Wilhelm-Hittorf-Gymnasium besuchte, das alte Cinema hinter dem Neuen Krug an der Weseler Straße. Es gab damals Ermäßigungsgutscheine für uns Schüler, die uns regelmäßig in diesen Kinosaal lockten. Die Marx-Brothers, Monty Python, Woody Allen rauf und runter und - nicht zu vergessen - die langen Nächte mit Schmalzbroten und zwei langen Filmen: Pier hat eine ganze Generation des Vor-VHS- und Vor-DVD-Zeitalters geprägt.

Das Cinema bot eine gute Mischung aus gehobener Unterhaltung und anspruchsvollem - auch politisch - Programm und so ging dann auch ein Aufschrei durch Münsters Schüler- und Studentenszenen, als Pier das Kino Ende der 70er Jahre schließen musste und die Pläne eines gewissen Steffi Stephan ruchbar wurden, dort ein Kulturcentrum mit Kino und Diskothekebetrieb zu errichten. Gut und Böse waren damals schnell ausgemacht und so tobte einige Monate lang in der alternativ angehauchten Kulturszene ein Streit zwischen den (scheinbar) anspruchsvolleren Befürwortern des Cinema und der Gruppe um Steffi Stephan um die Meinungshoheit und um die Kulturhoheit am Neuen Krug. Denn es schien, als wolle man mit der Diskothek dem politisch korrekten Kino den Garaus bereiten.

Am Ende gab es beides: das Cinema an der Warendorfer Straße und das Jovel Cinema - später nur noch Jovel - am Neuen Krug. Während das Cinema an der Warendorfer Straße dann einen Preis nach dem anderen einheimste als eines der besten Programmkinos Deutschland, entwickelte sich das Jovel zu einem wichtigen Punkt der Musikszene der Stadt und darüber hinaus, später kam dann noch der Neue Krug hinzu. Schnell waren die Streitigkeiten der Anfangszeit vergessen und so bestand der Samstagabend in Münster dann in den 80ern oft aus einem Besuch einer Langen Nacht (Unvergessen: die Indiana Jones-Nächte und die Vampirnächte) an der Warendorfer Straße und danach dann dem Abzappeln im Jovel an der Weseler Straße - wenn nicht gerade ein Konzert dort statt fand.

Später übernahm Pier auch noch das Rex am Bahnhof und wandelte es zum Metropolis um. Aber da ging ich schon weniger ins Kino, doch der Besuch des Klassikers "Alle Jahre wieder" (nicht Schamoni, nein Barlow) im Metropolis brachte mich ein paar Mal in dieses Kino, mit dem ich nie so richtig warm geworden bin - doch sein unbestreitbare Vorteil war, dass es eine richtige Bühne hatte, auf der das ein oder andere Projekt aufgeführt wurde.

Irgendwann hat Pier dann alles verkauft und wurde Geschäftsführer bei den Münsteraner Lichtspielbetrieben. Da wurde es still um ihn. Nur wer sein Gesicht kannte, konnte ihm regelmäßig am Bahnhof begegnen. Nun ist er nicht mehr.

Links: cinema.de, muensterschezeitung.de, cineplex.de

  
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